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A day in Hell

Rapha lädt anlässlich Paris-Roubaix zum „A day in Hell„. Gravel, Kopfsteinpflaster, gebrauchter Asphalt, leiden wie die Profis nur direkt vor der Haustür. In über 30 Städten rund um die Welt wird „A day in Hell“ zelebriert. Bei uns in Düsseldorf hat sich Rapha mit der Schicken Mütze verbrüdert. Laden, Werkstatt, Radcafe. Eine Institution in Sachen Radsport in Düsseldorf.

Schicke Mütze, (c) Kerstin Kortekamp
Die Schicke Mütze von innen (c) Kerstin Kortekamp

Ich habe relativ kurzfristig von der Aktion Wind bekommen und dachte, oh ja da musst du mit machen. Corona konform, alleine aber doch irgendwie zusammen mit allen anderen die sich am vergangenen Wochenende auch ein Tag in der Hölle gegönnt haben. Der von Rapha ausgerufene 11. April passte mir nicht, aber man munkelte ein Starten rund um das Wochenende sei in Ordnung. So dachte ich, fährst du mal am Freitag und guckst ob die Strecke frei ist.

111 Kilometer und gut 2080 Höhenmeter auf „miesen kleinen Seitenstraßen, geschotterte Wald- und Feldquerungen und mehr schlecht als recht asphaltierte Wirtschaftswegen“ (Zitat Schicke Mütze) lockten mich.

Um halb 9 ging es los, direkt vor der Haustür, in Grafenberg, wartete an der Rennbahn der erste mir gut bekannte Anstieg. Allerdings, wie sich später heraus stellte, nicht die Fahneburgstraße hoch, sondern parallel den Roländer Weg. Egal, so oder so, die ersten gut 60m bergauf, nur noch 2020 Höhenmeter!

Kurz darauf ging es auf feinstem Gerresheimer Parkett durch den Ortskern von Gerresheim und dann auch schon Richtung Neandertal recht flott raus aus Düsseldorf.

Man fährt auf bekannten Pfaden, doch zack geht es links ab und man hat nie gesehen Asphalt oder anderen „Boden“ unter den Rädern. Es geht den Dörper Weg hoch und dann wieder runter zur Stindermühle und, richtig! Wieder hoch! Mir wird so langsam klar was da heute auf mich zu kommt.

Nach 20km ging es auf das wahrscheinlich längste Stück richtige Straße. Auf zwei Spuren geht es knapp einen Kilometer die Haaner Straße in Hochdahl runter. Viel Platz und 6,5% Gefälle zaubern ein Lächeln ins Gesicht.

Nach dem Spaß geht es wieder runter von der Straße auf einen kleinen Wirtschaftsweg parallel der A46. Das südlichste Stück der Runde gehört der Kategorie, „sieht aus als wäre es flach geht aber stetig bergauf“ an.

Es geht weiter in Richtung Norden, über Wirtschaftswege, einsame Landstraßen, urige Unterführungen mitten über den Golfplatz. Das Thema ist immer gleich, „rauf und runter“. Mit dem Anlauf aus der ein oder andere spritzige Abfahrt kann man ab und an mal über den folgenden Anstieg „drüber drücken“.

Nach 50 Kilometer geht es einen kleinen Weg rechts ab, „Stumbsberg“ steht auf dem Schild am Straßenrand, eine kleine Welle tut sich auf. Ich mach schnell noch ein Video in dem ich mein Unmut über diese Bezeichnung „Stumbsberg“ mache, ist ja kein richtiger Berg…

Hinter der kleinen Welle geht es links ab und ich dachte fuck… Spaziergänger motivierten mich und riefen „naja am Rad liegt es ja nicht„. Der Stumbsberg, ist keine Welle, sondern ein Anstieg der 4. Kategorie, 1,3 Kilometer 7% im Schnitt mit Spitzen über 20% da war ich etwas übermütig.

Kurz nach dem Stumbsberg erreicht man den „Sender“ in Langenhagen. Der Schnee lag noch am Straßenrand und die Sonne drückte sich durch die Wolken, herrlich. Die flotte Abfahrt konnte ich allerdings nicht genießen, ein Pritschenwagen vor mir bremste mich aus und so rollte ich die 2 Kilometer mit angezogener Bremse bergab.

An der Kreuzung kurz die Hände ausschütteln und weiter geht es, natürlich wieder hoch, die Voßnacker Straße… ich merke mir selten wo ich gerade fahre, aber diese Straße prägte sich ein. Das Segment hat schon den schönen Titel „Voßnacker Qual„.

Jeder Anstieg, hat eine Abfahrt, so auch hier, doch leider eher so die Qualität vom Segelflugplatz am Aaper Wald…viele große Schlaglöcher aber es wäre nicht „A day in Hell“ wenn hier alles glatt asphaltiert wäre und irgendwie macht das ja auch wach.

Gut gelaunt geht es immer weiter, in Dilldorf hat man nach etwas über 60 Kilometern den nördlichsten Punkt der Strecke erreicht. Die Strecke führt weiter über kleine Straßen, durch Wohnsiedlungen und Wirtschaftswege. Der Fahrer am Horizont scheint die gleiche Runde zu drehen, wir kommen uns näher und am Anstieg hinter der Zeche Herrmann ein kurzer Gruß und weiter. Auf altbekannten Pfaden der SSR dachte ich mir, an der Ruhrlandklinik „och nein, nicht „Kutschenweg“ die abgerotzte Abfahrt runter, das macht doch kein Spaß….“. Aber nein es ging weiter geradeaus, „Zum Timpen“, juhu! Meine anfängliche Freude wich jedoch relativ schnell, die Abfahrt war kaum besser.

Kurz drauf ging es mal wieder in den Wald, dieses Mal aber auch mit richtigem Waldboden, hier und da noch etwas matschig und im Verlauf immer steiler. Mit Gefühl ging es bergauf, das Hinterrad (25mm Sommerpellen drauf) drehte ein paar extra Runden aber wir erreichten gemeinsam den Gipfel. Runter ging es auf der gleichen Qualität von Boden. Die Leute am Ende der Abfahrt waren etwas schockiert als ich da aus dem Wald geballert kam. Aber gut, warum soll nur ich leiden 😀

Apropos Leiden, es ging weiter nach Isenbügel, entweder war ich schon voll durch oder es war einfach ein moderater Anstieg, fühlte sich gut an. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass man immer näher ans Ziel kam. Zu Mindestens waren die Wege jetzt wieder vollumfänglich bekannt, man war es nur gewohnt aus der anderen Richtung zu kommen.

Mit guter Laune ging es weiter, immer weiter bis plötzlich die Straße voll mit Baufahrzeugen war. Mist, stimmt, auf dem Wittenhausweg war ja diese Baustelle… vorbei an den Autos, vorbei an der Absperrung, wird schon gut gehen. Ganz am Ende kurz vor der Hauptstraße, haben zwei Herren noch frischen Straßenbelag verteilt. Vermutlich die Strafe, wenn man zu früh auf die Runde geht? Ein Abstecher ins Feld und auch dieses Hinderniss war überwunden.

Das Gut Diepensiepen wäre beinah meiner Gewohnheit zum Opfer gefallen und ich wäre den Gollenbergsweg weitergefahren. Dumm von mir zu glauben da geht es direkt in Richtung Heimat, es ist schließlich „A day in Hell“ und die Schicke Mütze hat alle Filetstücke zusammengepackt, also extra Runde über Gut Diepensiepen.

Zurück auf der Mettmanner Straße ahnt man auch schon, da kommt bestimmt gleich der Mauer Weg… der Name ist Programm… vor allem nach 100 Kilometer und 2000 Höhenmetern in den Beinen. Ein Blick auf die Beine, auf die Kassette. Leere Gedanken. Einfach weiter. Es wird schon wieder aufhören.

Und so war es, über den Dernbusch Weg und die Rennbahn zurück in die urbanisierte Welt. 25 km/h fühlten sich wie 35 km/h an. Der letzte Ampelsprint die Grunerstraße hoch tat noch mal richtig weh, aber nach 4:38 Stunden hörte es auf. A day in Hell, es war geschafft!