Prolog
Freitagabend, die Räder werden schon mal gepackt. Samstag 5 Uhr in der Früh, es geht los von Düsseldorf nach Annecy. Ricardo einsammeln, Malte einsammeln und dann ab auf die Piste. 800 Kilometer, die Etappe vor der „L’Etape du Tour„.
Der Nachmittag in Annecy
Um 15:00 Uhr kamen wir in Annecy an. Parken, Auto ausladen und im Hostel einchecken. Kram ins Zimmer, eine Ladung Wasser ins Gesicht und weiter zum „L’Etape du Tour Village“ die Startnummern abholen. Auf dem Weg zum Village ging es durch das Zentrum von Annecy, eine traumhaft schöne Stadt. Urig, wenn auch etwas überfüllt. Aber das lag wohl an den fast 15.000 Teilnehmern der L’Etape du Tour. Kurz auf einem Fernseher in einer Bar im vorbei gehen noch den Ausgang der ersten Etappe der Tour de France verfolgt. Und weiter.
Die Startnummern gab es ohne langes Warten, dazu noch ein paar Goodies und ein Rucksack und innerhalb von wenigen Minuten hatte man alles. Noch ein Stop bei Rapha um dort Steffen, einen alten Weggefährten aus Düsseldorf zu treffen und dann ging es zurück. Erst etwas Einkaufen und dann ins Hostel. Hunger!
Im Hostel wurde dann erstmal gegessen, entspannt, die Räder vorbereitet und um ganz sicher zu gehen ging es noch auf eine kurze Testfahrt. Gucken, ob die Räder den Transport am/im Auto gut überstanden haben und schon mal gucken wie wir zum Startsektor kommen. Fazit, bis auf letzte Feinheiten an Maltes Schaltung kein Handlungsbedarf, alles funktioniert und Annecy ist wunderschön.
Der Start
Nach einer langen Nacht ging es um 7 Uhr los Richtung Startblock 11. Für die Väter unter uns war quasi „Ausschlafen“ angesagt. Im Startblock angekommen war noch massig Zeit, erstmal entspannen! Um 7:30 wurde unser er Startblock geschlossen, 7:45 ging es zum Start um dann dort um 7:52:30 zu starten. Ich glaube wir waren nicht ganz pünktlich 😉
Frühstück
Fahrt zum Start
Letzte Erholung
Der Tagesplan
Start
Von Annecy ging es zunächst flach um den Lac de Annecy. Das Feld suchte sich zunächst noch. Viele Leute, viele Geschwindigkeiten. Man quatschte mal hier, mal da und fuhr das nächste Gruppetto an. Wach sein empfahl sich allerdings von Beginn an, da die ersten Kilometer an einigen Verkehrsinseln, Kreisverkehren und Hubbeln vorbei führten. Insgesamt standen 169 Kilometer und ca. 4000 Höhenmeter auf dem Plan.
Nach 30 Kilometer ließen wir den See hinter uns und es ging ins Hinterland. Mit dem Col de Bluffy (2,3 Km, 141 Hm, 6%) stand der erste Hügel vor der Tür. Eine leichte Prüfung für uns alle, ich glaub Ricardo hat die Erhebung noch nicht mal gemerkt 😉
Col de la Croix Fry
Vom Bluffy ging es ins Hinterland nach Thônes an den Fuß des Col de la Croix Fry. Malte und ich füllten noch mal die Trinkflaschen auf. Ricardo verabschiedete sich und ging in den Kampf mit den Bergen. Mit frischen Getränken ging der Spaß los: Col de la Croix Fry – ein Berg der 1. Kategorie, 11km, 11% durchschnittliche Steigung.
Der Blick auf den Wahoo zeigte beim Anstieg nach nicht ganz der Hälfte nur 4% an, da wusste man da kommt noch was über 11% und so war es auch Spitzen bis 20% ließen einen auch mal aus dem Sattel steigen, die ersten Garmin’s schalteten auf „Auto Pause“, es wurde reichlich transperiert und viele stiegen auch schon vom Rad ab und erwanderten den Croix Fry. Malte und ich kämpften uns hoch, jeder fuhr sein Tempo und so verlor ich ganz langsam Malte. Nach lockeren 56 Minuten war ich auch schon oben. Sagenhaft, Emanuel Buchmann hat das in 31 Minuten geschafft. Wieder mit Malte vereint ging es dann direkt wieder runter, 7 Kilomter Abfahrt was ein Spaß!
Plateau des Gliéres
Vor dem Anstieg zum Plateau des Gliéres holten wir die oben am Croix Fry ausgelassene Verpflegung nach. Neues Wasser, etwas Stropwaffeln, Banane und weiter ging es. Der Berg des Tages wartete. Hors Catégorie, 6 Km, 11% durchschnittliche Steigung. Nix unter 9,8%. Ein Kampf, meiner dauerte fast eine Dreiviertelstunde. Auch hier kämpften Malte und ich zunächst zusammen, quatschten das Peleton voll und ernteten ein „ihr schon wieder“ von einer Mitfahrerin. Irgendwann wurde es ruhiger. Alle wurden ruhiger, die Gespräche verstummten, man hörte nur noch das Atmen und immer wieder das Rufen der Leute am Straßenrand: „allez allez, bon courage!„. Mehr und mehr Leute lagen am Straßenrand, machten Pause oder schoben das Rad. Leider auch mal links und auch die langsamen Fahrer kämpften und fuhren teilweise orientierungslos den Berg hoch. Einer fiel fast vom Rad konnte sich dann aber noch im Pedal halten. Aber wenn man wie ich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 8,6 km/h auf der Überholspur unterwegs ist, dann kann man sich vorstellen das andere da mit dem Umkippen kämpfen. Nach dem Anstieg wartete die groß angekündigte „Schotterpassage“ auf uns. Wieder mit Malte vereint, ging es mit einem lauten Schrei „Graaaaavel“ seiner Seits auf das Schotterstück. Leider war der Spaß schnell vorbei, da trotz nur leichter Steigung das Feld die Geschwindigkeit auf 10km/h drosselte, ob es an der Bodenbeschafenheit lag oder an dem Bergrestaurant am Rand war uns unklar. Für uns Düsseldorfer Berufspendler war der Schotter ja quasi gewohnter Radweg *lach* und so machten wir eine dritte Spur auf und versuchten uns mit ein paar anderen an den Genußradlern vorbei zu kämpfen.
Ballern von Boneville bis Cluses
Zu jedem Anstieg gehört ja eine Abfahrt, so ging es vom Plateau wieder genüsslich 11,5 Kilometer bergab. Schöne Kurven führten durch die wunderschöne Landschaft. Ein Traum. Die Route führte weiter über den Col de Fleuries der mit 5% auf 5 Kilometer gut zu fahren war und auch der darauf folgende Anstieg in Saint Laurent lies sich locker fahren. Mit der Abfahrt begann auch ein Flachstück von etwa 20 Kilometern. Der Wind blies von hinten und so entschied sich Malte für Vollgas. Ich hörte zwar kurz zuvor noch ein „meine Beine“ von ihm, aber die kerzengerade, breite, gut asphaltierte – extra für uns – gesperrte Straße – aktivierte bei ihm wohl den „Baller-Modus“. Der Wahoo zeigte zwischenzeitlich 50km/h an. Der Versuch irgendeine Gruppe zu finden die unser Tempo fährt schlug fehl. Wir überholten nur. Ich fuhr an Malte ran und sagte ihm da kommt noch was, aber er meinte egal, baaaaallern und ließ mich im Windschatten genießen. Als wir die Verpflegungsstation vor dem Col de Romme erreichten heimste Malte einige bewundernde Kommentare á la „that was fucking fast“ für seine „Ballerei“ ein.
Col de Romme
Nach der Verpflegung und dem Spaß mit der Ballerei wartete der Ernst der Tour wieder auf uns. Der Col de Romme. 8,8 Kilometer mit 9,8% im Steigung im Schnitt. Wieder ein Berg der 1. Kategorie. Es ging direkt zur Sache, auf den ersten 4 Kilometern 10%. Ich verabschiedete mich wieder von Malte und fuhr mein Tempo. Ich fand zwei Italiener die mein Tempo / Rhythmus fuhren und folgte ihnen. Es folgte ein quasi flacher Kilometer mit lächerlichen 6% und ich verlor meine beiden Mitstreiter. Auf den letzten 3 Kilometer mit 9-10% Steigung nahm ich vermehrt Leute wahr die abstiegen, das Rad schoben, am Straßenrand Pause machten. 140 Kilometer in den Beinen. Man fängt an zu grübeln, aber ich dachte mir eine Pause bringt auch nix und Absteigen wozu? Schieben ist doch in der Hitze auch kein Vergnügen. Zähne zusammen beißen und weiter. Bei jedem Kilometerschild rechnete ich mir die Zeit die ich bei meiner Geschwindigkeit noch benötigte aus. Neben mir der Fahrer leerte seine Trinkflaschen fast komplett aus, vermutlich um noch ein Kilo Gewicht zu sparen. Verrückt. Ich hab so viel getrunken, da wäre weg schütten das Ende gewesen. Das letzte Stück feuerten die Leute am Streckenrand einen an, einer sagte auf Französisch nur noch 500m, man merkt wie ein zwei das Tempo anziehen und dann war es geschafft. Nur noch ein Berg.
Col de la Colombière
Wie gewohnt ging es vereint mit Malte wieder in die Abfahrt. Die Anstrengung des Anstiegs am Col de Romme sind direkt wieder vergessen und Kurve für Kurve wird genossen. Nach etwa 7 Kilometer steht man am Fuß des Col de la Colombière. 7,5 Kilometer, 8,5% im Schnitt, gleiche Kategorie wie der Romme. Erst etwas unterm Schnitt und die zweite Hälfte dafür drüber. Es war wieder anstrengend, im Stehen ging nicht mehr so locker wie zuvor am Croix Fry oder Gliéres. Aber ich fühlte mich besser als auf dem Anstieg zum Romme. Mit durchschnittlich 10km/h ging es zum Gipfel. Langsam aber Meter für Meter. Auf dem letzten Stück konnte man den weiteren Verlauf der Straße gut sehen und wusste bis dahinten muss man. Das half und auch zu wissen, dass dies der letzte Anstieg ist motivierte und so wurde auch der Col de la Clombière erreicht. Kurz was trinken und ab in die letzte Abfahrt.
Die letzte Abfahrt
Kein Berg mehr. Nur noch diese 11 Kilometer bergab! Meine Fahrzeit lag bei 7:15, eine Zeit unter 7:30 war noch in Aussicht. Es ging in die Abfahrt. Mit jeder Kehre wurde das Grinsen im Gesicht immer größer. Das letzte Stück führte durch Le Grand Bornand, die Party lief schon. Leute feierten. Das Ziel war im Blick, letztes mal Druck aufs Pedal und dann war es geschafft. Ziel! 7 Stunden 27 Minuten Fahrzeit!
Im Ziel
Nach dem Ziel gab es direkt die Finisher Medallie und es ging übers Buffet. Käse, Gebäck, Wasser, ein Traum. Ricardo war nach 6 Stunden und 25 Minuten im Ziel und war bereits regeneriert, fitt für den nächsten Berg. Malte rollte nach 8 Stunden und 1 Minute durchs Ziel.
169 Kilometer, 4017Hm! Wir haben es geschafft! Geil!
Kurze Meldung in die Heimat, noch ein Gruppenfoto und dann ging es zur Pasta Party und dem Bier. Wir quatschten im Schatten, genossen unsere Leistung und auf einer Großleinwand fuhr Sagan gerade die 2. Etappe ins Ziel.
Die Rückfahrt ins Hostel
Unser Tagesziel war aber noch nicht erreicht. Wir mussten noch etwa 30 Kilometer zurück nach Annecy. Überwiegend bergab aber zunächst durch den dichten Verkehr, denn alle wollten zurück auch die Autos und Busse. Wir mogelten uns durch und fuhren gemütlich zurück in Hostel. Duschen, etwas Essen, ein Bier und weiter wildes Austauschen der gesammelten Eindrücke. Bei all dem gequatsche haben wir nicht mitbekommen, dass die Bar um 21:15 schloss. Es war ja Sonntag. Kein Bier mehr? Ja kein Bier mehr! Bitter. Scheinbar sind wir im Profibusiness angekommen 😀
Der Morgen danach
Am Montag ging Ricardo noch mal auf Höhenmeterjagd, der Crêt de Châtillon (17km, 1200Hm) war sein Frühstück. Malte und ich hatten Bock auf ein richtiges Frühstück. Auschecken, Auto packen und dann ab nach Annecy. Die Stadt war im Vergleich zu Samstag wie ausgestorben. Kaum Menschen auf der Straße, alles zu. Fast alles. Die Bäckerei Le Boulanger Du Faubourg hatte auf, die Leute standen bis auf die Straße, alles Franzosen. Hier muss es gutes Zeugs geben! So kaufte Malte die halbe Bäckerei leer und mit Baguette, Croissants und Espresso ging es dann zum See. Frühstücken! Ein Traum! Das Frühstück und dieses Annecy. Wären wir vor uns hin frühstückten, schrieb Ricardo er wäre nun oben und kommt zurück. Wir dachten „what the fuck“ und ab zurück. Rest ins Auto packen und zurück nach Düsseldorf.
Fazit
Die L’Etape du Tour war eine super organisierte Veranstaltung in wunderschöner Umgebung mit einer tollen Truppe. Es war – zumindest für mich – kein Zuckerschlecken (nicht immer), gerade der Col de Romme kostete viel „mentale Stärke“ aber es war perfekt. Denkt man drüber nach was wir wahnsinniges da am Wochenende gemacht haben, 1600 Kilometer mit dem Auto um knapp 170 Kilometer Fahrrad zu fahren, bereut man ein wenig, dass man nur so kurz vor Ort war, gerade weil wir nicht ahnten wie fantastisch es vor Ort sein wird. Aber es ist auch schön wieder bei den Liebsten zu sein!
Hinweis wer sich das ganze in bewegten Bildern ansehen möchte, am Dienstag den 17.07. fahren die Profis diese Etappe im Rahmen der Tour de France.
Eurosport 1 HD
Rennen 13:15-18:15
Zusammenfassung 21:00-22:00
ARD
16:05 – 18:00
Oder im Internet über den Eurosport Player (kostenpflichtig) oder Sportschau.de (kostenlos)